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Hier haben wir einen typischen Filterkondensator in einer Meßanordnung
In der Realität besitzt jeder Kondensator eine parasitäre Induktivität und einen reellen Widerstand in Serie,
hier mit Lc1 und Rc1 bezeichnet (= ESL und ESR im Datenblatt)
die den bekannten Frequenzverlauf ergeben
Für niedrige Frequenzen dominiert der Blindwiderstand des Kondensators – aber oberhalb der Resonanzfrequenz
wirkt sich die parasitäre Serien-Induktivität extrem störend aus:
Bei höheren Frequenzen (z.B. UKW) ist praktisch keine Wirkung mehr vorhanden
Wenn man eine negative Induktivität hätte , die genauso groß ist, wie die parasitäre,
könnte man sie einfach in Serie zu der störenden parasitären Induktivität des Kondensators schalten –
und beide würden sich gegenseitig aufheben (Lc1 – Lx = O ) und zwar frequenzunabhängig
Dann würde die Filterwirkung oberhalb der Resonanz nicht abfallen, sondern
trotz steigender Frequenz konstant bleiben – wie in der orange gestrichelten Linie
Nur – wie kommt man zu einer negativen Induktivität ?
Zunächst mal ist das ein unlösbares Problem:
passive, absolute, negative Bauteile können nicht so ohne weiteres realisiert werden, weil sie gegen den
Energierhaltungssatz verstoßen würden. Negative Bauteile verbrauchen keine Energie – sondern setzten
aus sich heraus Energie frei.
Anders ausgedrückt – mit negativen Bauteilen könnte man ein Perpetuum Mobile betreiben.
Es stellt sich also die Frage:
Man nimmt eine ganz normale Induktivität
und gibt sie in ein lokales Feld mit negativer Zeit
Die Spannung an der Induktivität L ist proportional zur Stromänderung di/dt in der Spule
Um eine umgekehrte Spannung an der Spule zu erzeugen, braucht man entweder eine Spule mit negativem L,
oder ein Stromänderung in negativer Zeitrichtung : di/-dt
Dann ergibt sich eine Spannung entgegengesetzt zur normalen Richtung.
Bloß – wie erzeugt man ein Feld mit negativer Zeit ?
Richtig – wir verwenden eine Zeitmaschine !
Bei einer Zeitreise in die Vergangenheit ist der Zeitablauf negativ – die Uhr läuft rückwärts –
im Wirkungsbereich der Zeitmaschine entsteht genau das benötigte lokale Feld mit negativer Zeit !
Tja – das Problem hätten wir gelöst – fehlt nur noch die Zeitmaschine !
Sehen wir uns mal die bekannten Zeitmaschinen an:
Einer der ersten Versionen findet sich im Film “The Time Machine”
Hübsch anzusehen – aber für unsere Zwecke definitiv zu viel Mechanik
Und hier ?
Der Flux-Kompensator !
Werden 2 Flux-Elemente durch positive Flux-Felder angeregt….
… so entsteht am 3. Element das negative Flux-Feld – das die negative Zeit erzeugt !
Wir leiten den Strom i in einen der Anschlüsse des Flux-Kompensators
In dem Element entsteht Flux durch den Stromfluß – also Flux / i
Das Verhältnis von erzeugtem Flux pro i definieren wir als L
Für jedes einzelne Element des Flux-Kompensators – entsprechend L1, L2, L3 …
… und stellen verblüfft fest – der Flux-Kompensator ist identisch mit einem Transformator !
Wobei sich L1 und L2 entsprechend der Formeln umrechnen …
... und – das ist der Clou ! – L3 tatsächlich einen negativen Wert annimmt !
Wir haben also mit Hilfe einer Zeitmaschine eine passive, frequenzunabhängige
negative Induktivität erzeugt !
Glaubt ihr nicht ? Ist alles korrekt !
Und für die Experten – noch mal alle Formeln in der Zusammenstellung
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Und so sieht eine handgemachte negative Induktivität in echt aus :
Der Kondensator ist an den Mittelabgriff der Spule angelötet.
Die Windungsfläche (die Induktivität) und der Abstand zwischen den Windungen (die Kopplung)
ist so gewählt, daß sich am Verbindungspunkt zum Kondensator eine negative Induktivität ergibt,
die gerade so groß ist, wie die parasitäre Induktivität des Kondensators.
Wie man sich leicht vorstellen kann, ist das bei diesen Abmessungen von Hand ein ziemliches
Gefrickel – ganz exakt den richtigen Wert bekommt man nicht hin – mit ±10% Abweichung
muß man rechnen.
Aber auch so sind die Ergebnisse beeindruckend, verblüffend und faszinierend.
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Nachtrag
Diese Methode negative Induktivitäten zu erzeugen, war bis vor wenigen Jahren unbekannt – obwohl die
dahinter steckende Physik (Transformator) und die zugehörigen Formeln schon seit über 100 Jahren gelehrt
und angewendet wurden. Allerdings bekamen die Studierenden auf die Frage, was man denn machen solle,
wenn im Ersatzschaltbild negative Werte für die Bauteile herauskämen, regelmäßig die Antwort, das könne
man so nicht verwenden – weil es in der Realität keine negativen Bauteile gebe !
Und viele glauben das noch immer !(Klassische Interpretation von negativen Induktivitäten)
Tatsächlich ist es genau anders herum ! Wenn das Ersatzschaltbild ein negatives Bauteil liefert, verhält
sich die reale Schaltung so, als wäre ein negatives Bauteil tatsächlich vorhanden – auch wenn es
nicht sichtbar ist.
Weiterführende Erläuterungen unter – Filter mit Negativer Induktivität
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Nur aus Spaß – einfach mal googeln – nach negative Induktivität (mit oder ohne Anführungszeichen)
und schauen, was da raus kommt !
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Einzigartiger Artikel!
Wie genau ist die negative Induktivität gebaut?
Die beiden Kondensator-pins sind miteinander kurzschlußartig an den Mittelabgriff der Spule angelötet?
Wie kann man messen, ob es gelungen ist, die Induktivität negativ zu bekommen?
Es ist ja anzunehmen, daß ein LCR-Meter keine negativen Werte anzeigt.
Wie bestimmt man die parasitäre Induktivität eines Kondensators? Darüber ist wenig im Netz zu finden.
Wäre super, wenn du mir da weiterhelfen kannst!
Danke
Comment by Athor — 26/05/2010 @ 11:37 |
Hallo Athor,
eine genauere Erläuterung ist im Beitrag “Simulation” zu finden (https://4gang.wordpress.com/simulation/).
Die negative Induktivität entsteht am Mittelabgriff der beiden gekoppelten Spulen, wenn eine Schaltung wie
im Beitrag verwendet wird.
Wenn die negative Induktivität gerade so groß ist wie die parasitäre des Kondensators, verläuft die
Dämpfungskurve ab der Resonanzfrequenz horizontal.
Über die Resonanzfrequenz des Kondensators läßt sich seine parasitäre Induktivität berechnen.
omega = Wurzel(1/LC) …. ==> L = 1/(C omega²) …. omega = 2 Pi f
Am einfachsten lassen sich die Bauteilwerte per Simulation bestimmen (siehe obiger Link)
Viele Grüße, Heinz
Comment by 4gang — 26/05/2010 @ 19:47 |
Ich hab mal eine Caduceus-Spule gewickelt und hab mehrfach versucht die Induktivität zu messen. Ich maß immer eine negative Induktivität. Sie hatte nur 2 mal 3 Windungen, auf der Vorder- und Rückseite je 3 Kreuzungspunkte auf Rohr mit 5cm Durchmesser. Ich maß etwa -2uH.
Comment by W. Herbst — 06/10/2016 @ 17:38 |
Bosch hat daraus ein Patent gemacht. Veröffentlicht im Jahr 2012.
DE102011007833A
Comment by Andreas Singer — 12/09/2017 @ 12:35 |
Tja – darauf haben mich auch schon Kollegen aufmerksam gemacht.
Könnte man eventuell angreifen, wenn man wollte. Die technischen Hintergründe wurden ja hier und
in https://4gang.wordpress.com/filter-mit-negativer-induktivitat/ lange vorher erklärt und veröffentlicht.
Es gibt zu dem Thema auch noch ältere Patente und Veröffentlichungen: http://www.google.com/patents/US6937115
Weshalb wir damals von einer Patent-Anmeldung abgesehen haben. Doch nicht Erster.
Viele Grüße
Comment by 4gang — 12/09/2017 @ 21:30 |
Supercoole Lekture, bringt einen komplett auf andere Gedanken in diesen seltsamen Zeiten.
Danke.
Comment by Thomas — 04/01/2021 @ 21:45 |